Persönlichkeiten der Stadt Ortrand

  1. Adolf Behr
  2. Johann Christian Böhmig
  3. Urban Gaubisch
  4. Matthias Gretzschel
  5. Urban Handschmann
  6. Gustav Ewald Herrmann
  7. Erich Alwin Finger
  8. Caspar Franck
  9. Johann Gregor Fuchs
  10. Karl Heinrich Grumbach
  11. Jörg Junhold
  12. Balthasar Kademann
  13. Abraham Kaul
  14. Theodor Gotthelf Kummer
  15. Dr. phil. Benjamin Friedrich Gotthelf Kummer
  16. Karl Wilhelm Kummer
  17. Gottlob (oder Georg) Adolf Kummer
  18. Christian Leipoldt
  19. Paul Lindau
  20. Hermann Liese
  21. Heinrich von Ortrand
  22. Caspar Ratzenberger
  23. Christoph Reiche
  24. Robert und Richard-Otto Rösiger
  25. Joachim Schmidt
  26. Rudolph Georg Ferdinand Schmidt
  27. Christian Heinrich Schreyer
  28. Christiane Schuppe
  29. Carl Gottfried Seuerling
  30. Gloria Siebert
  31. Bodo Martin Vogel
  32. Michael Weiß
  33. Rudolph Friedrich von Wichmannshausen



So wurde in der Stadt Ortrand Adolf Behr (1859-1927) geboren. Er verstarb auch hier. Als Klempner­meister, Heimat­forscher, Stadtchronist und Inhaber mehrerer Ehrenämter hat er sich als Persönlichkeit Achtung und An­er­ken­nung erworben. Er veröffentlichte in Zeitschriften sowie Tageszeitungen und schuf eine Vielzahl von auch hand­ge­zeich­neten Ansichts­karten. Seine von ihm mit viel Mühe und persönlichen Opfern in den verschiedensten Archiven erarbeitete wissenschaftliche Stadt- und Heimatchronik ist leider unveröffentlicht geblieben und heute in alle Winde zerstreut.

Im nahen Linz kam der hochgeachtete Ritter des Königlich Sächsischen Albrechtsordens und Maurermeister Johann Christian Böhmig (1802-1881) auf die Welt. In Ortrand fand er seine wichtigste Wirkungsstätte und hier in der Stadt verstarb er auch. Besonders bekannt wurde er durch das „Brunnenwunder von Ponickau“ im Jahr 1866, wobei er nach elf Tagen der Verschüttung die Gebrüder Muschter als Brunnenbauer aus etwa 20 Metern Tiefe noch lebend retten konnte. Maurermeister Böhmig ist u. a. auch der Mitbegründer des Preußisch-Sächsischen Verbrüderungs­vereines sowie des Deutschen Vereins von 1848. Als sein wichtigstes Werk hat er ins jedoch das 1840 gemeinsam mit dem Kleinkmehlener Zimmermeister Carl Grafe neu errichtete Ortrander spätklassizistisches Rathaus hinterlassen. Bis weit nach dem 2. Weltkrieg erinnerte die besonders in den Gaststätten der Umgebung hängenden Brunnenwunderstiche an den Ortrander Maurermeister. 1916 hat der der akademisch ausgebildete Kunstmaler Paul Hermann ein großformatig im Flur des Ponickauer Pfarrhauses befindet, geschaffen, welches auch Johann Christian Böhmig zeigt. Sein leider stark verwitterter Grabstein befindet sich noch auf dem Ortrander Stadtfriedhof und soll restauriert in den Rathaushof umgesetzt werden.

Ein Stadtkind des 16. Jahrhunderts ist Urban Gaubisch (Gubisius). Geboren 1527 in Ortrand verstarb er 1612 hoch angesehen in Eisleben. Frühzeitig wurde er von der verwitweten Mutter in das Augustinerkloster nach Großenhain gegeben. Nach der Einführung der Reformation 1539 verließ er es, lernte den Reformator Martin Luther, welcher ihn mit nach Leipzig nahm, kennen und erlernte auf dessen Veranlassung hin bei Jakob Bärwald das Handwerk eines Buchdruckers. Nach der Wanderschaft und seiner Tätigkeit in Leipzig übernahm er wieder auf Luthers Wunsch hin 1555 die in Eisleben neu eingerichtete Druckerei. Daneben scheint er noch Filialen in Halle (Saale) und in Eisleben-Neustadt gehabt zu haben. Besondere Bedeutung hat Urban Gaubisch als Drucker von Werken Martin Luthers erlangt. Insgesamt sind weit über 100 Drucke von ihm bekannt. Gaubisch war sein Leben lang ein arbeitsamer, schlichter und frommer Mann.

Matthias Gretzschel (geboren am 28. Februar 1957 in Ortrand) ist ein deutscher Journalist, Theologe, Publizist und Schriftsteller. Matthias Gretzschel wurde in der südbrandenburgischen Kleinstadt Ortrand am Schraden als Sohn eines Pastors geboren und wuchs in Dresden auf. Er absolvierte eine Ausbildung zum Buchhändler. Von 1979 bis 1984 studierte er an der Universität Leipzig Theologie. Im Jahre 1988 folgte dann die Promotion im Fachgebiet Christliche Archäologie und kirchliche Kunst. Während der Wende-Zeit siedelte er kurze Zeit später nach Westdeutschland über. Seit 1990 ist er als Kulturredakteur beim Hamburger Abendblatt tätig.

Urban Handschmann (um 1567), beider Rechte Doktor, des „Churf. Sächs. Ober=Consistorii zu Dreßden Absessor“. Durch seine vier Söhne (Christian, Gottfried, Karl und Urban) ist er der Begründer der weit verzweigten und seinerzeit berühmten Gelehrtenfamilie der „Hanschmänner“.

1899 erblickter Gustav Ewald Herrmann (1899-1988) in Ortrand das Licht der Welt. Auch nach seinem Ableben 1988 in Naumburg (Saale) bleibt er uns als Lehrer, Weltreisender, besonders durch seine jahrzehntelangen botanischen Studien und seine daraus resultierenden vielen wichtigen Veröffentlichungen, besonders zur Welt der einheimischen Or­chi­deen, in guter Erinnerung. Anlässlich seines 84. Geburtstages 1983 übergab er einen Teil seines persönlichen Nach­lasses dem Stadt­geschichts- und Schraden­museum in Ortrand.

In Ortrand wirke ab 1914 der Lehrer und Heimatkundler Erich Alwin Finger (1887-1939). In Caputh, Kreis Zauch-Belzig, als Sohn eines königlichen Hegemeisters geboren, verstarb er 1935 an einem schweren Herzleiden im Krankenhaus zu Großenhain. Mehrere Ehrenämter und seine Forschungs­arbeit im Stadtarchiv boten ihm ein breites Betätigungsfeld. So fühlte er sich besonders der Heimatgeschichtsforschung, aus welcher heraus wichtige Veröffentlichungen hervorgingen, verbunden. Eine Vielzahl von Zeitungsbeiträgen rundeten seine heimatkundliche Tätigkeit ab. „Erich Finger war, obgleich er als ein stiller Mann durch´s Leben ging ein Großer in unserer Stadt“.

Als einer der bedeutendsten Gelehrten des 16. Jahrhunderts an der Ingolstädter Universität gilt der gebürtige Ortrander Caspar Franck (1543-1584). Dieser wurde streng lutherisch erzogen, studierte seit 1561 in Wittenberg und wurde 1564 Magister. 1565 finden wir ihn als Prediger in Oberbayern. Unter dem Einfluss von Marin Eisengrein kon­ver­tierte er 1568 zum Katholizismus und wurde Priester. Er predigte in Haag in Oberbayern, Kraiburg am Inn und war seit 1527 Pfarrer von St. Moritz zu Ingolstadt. An der dortigen Universität, seit 1578 als Professor der Exegese (Auslegung der Heiligen Schrift) tätig, finden wir ihn bald als einen der hervorragendsten Vertreter der Gegen­reformation. Als solcher führte er eine spitze Feder, die auch die zahl­reichen gedruckten Streitschriften, die er mit Andreae Chemnirtz, Nigrini und Platz wechselte, noch heute eindrucksvoll vorzeigen.

Johann Gregor Fuchs (1650-1715) der „Hauptmeister des neuen Stils in Leipzig“, stammt gleichfalls seiner Geburt nach aus Ortrand. Seit spätestens1679 war er in Dresden ansässig und 1692 trägt er die Berufsbezeichnung Hofmaurer- und Land­werks­meister. 1696 wird er „Kurf. Maurer- und Baumeister“ genannt. Seit 1700 ist Fuchs der neue Rats­maurer­meister von Leipzig. Er ist bekannt, dass diese Berufung auf höheren Wunsch erfolgte und sie offenbar von Dresden aus dem Leipziger Rat aufgedrängt wurde. Seine persönliche Bekanntschaft mit Dresdner Bauhandwerkern führte dazu, dass er beispielsweise auf eigene Kosten Matthäus Daniel Pöppelmann nach Leipzig kommen ließ. Er war kein Schüler des italienischen Stiles, sondern ein Anhänger jenes holländischen Ge­schmackes, der gleichzeitig in Leipzig herrschte. Damit erreichte er mit seinen Werken eine seltsame fesselnde Wirkung von Strenge, Reinheit und Sauber­keit, von Maß und Würde, Als er mit dem Romahaus den Beweis seines Könnens geliefert hatte, wurden ihm bis zu seinem Ableben in der Messestadt alle wichtigen Bauaufträge übertragen. Der Wirkung der Schöpfungen von Fuchs kann sich keiner seiner Nachfolger entziehen.

Der 1790 in Merseburg geborene Karl Heinrich Grumbach studierte in Leipzig Theologie. Danach wirkte er als Privat­lehrer in Merseburg sowie als Diakon und Rektor in Ortrand am Schraden. Im Jahre 1823 war er Prediger in Staritz und 1851 schließlich Pfarrer in Mühlberg.

Jörg Junhold (geboren am 26. März 1964 in Ortrand) ist ein deutscher Tierarzt. Seit 1997 ist er Direktor des Zoos Leipzig. Seit 2019 ist er Präsident des Verbandes der Zoologischen Gärten (VDZ). Jörg Junhold hat die strategische Neuausrichtung des Zoos auf den Weg gebracht und das Konzept für den Zoo der Zukunft entwickelt. Unter seiner Leitung hat sich der Leipziger Zoo zu einem Besuchermagneten entwickelt.
Der Sohn eines Tierarztes legte im Rahmen einer Berufsausbildung mit Abitur zum Baufacharbeiter in Riesa, in Halle (Saale) studierte er von 1985 bis 1990 Veterinärmedizin an der Universität Leipzig. Ab 1990 absolvierte er an der Chirurgischen Tierklinik der Universität Leipzig ein Forschungs­studium und wurde 1994 zum Dr. med. vet. promoviert. Neben seinem Forschungsstudium begann er im September 1992 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Marketing-Management bei der Effem GmbH, einem Hersteller für Tiernahrung, zu arbeiten.
1997 wurde Junhold aus über 50 Bewerbern als Erster Betriebsleiter des Leipziger Zoos ausgewählt. Seinen Dienst trat er am 1. November 1997 an. Mit Gründung der Zoo Leipzig GmbH am 1. August 2000 wurde Junhold zu deren Geschäftsführer berufen.
Am 7. Oktober 2011 wurde Junhold zum Präsidenten des Weltzooverbandes World Association of Zoos and Aquariums (WAZA) gewählt.
Im Juni 2019 wurde Junhold für drei Jahre zum Präsidenten des Verbandes der Zoologischen Gärten gewählt

Der ehemalige Dresdner Hofprediger Magister Balthasar Kademann (1533-1607) ist gebürtig aus Ortrand und beendet sein opfer- und tatenreiches Leben als Superintendant in Pirna. Seine kirchliche Lauf­bahn hatte er 1563 als Diakon in Ortrand begonnen. Von 1579 an war er Hofprediger des Kurfürsten August I. bzw. in der Nachfolge des Kurfürsten Christian I. von Sachsen und für die Wochenpredigten über die Psalmen zuständig. Nach seiner Entlassung aus dem Hofdienst trat er 1587 seine Stellung als Superintendent in Pirna an. 1590 wurde ihm durch das Konsistorium in Meißen sein Auftreten auf der Kanzel, da er sich ihrer Meinung nach von dort aus in Worten (u. a. mit, „das geschehe den Krell Teuffel zu Wohlgefallen“) unwürdig gegen den kursächsischen Kanzler und Kryptocalvinisten Nikolaus Krell (Amtszeit 1589-1591) vergangen hatte, untersagt, doch 1591 wieder zugelassen. In diesem Jahr ist er zu einem „beständigen Bekenner und Verteidiger“ der reinen evangelischen Lehre, so dass der Kanzler Krell ihn anfänglich sogar noch in Güte von seiner Meinung abbringen wollte, geworden. Durch seinen Fußfall beim Kanzler-Tor in Pirna vor dem Kurfürsten kam dieser „hinter die Boßheit seines Cantzlars“, stieg aus dem Wagen und fuhr Krell „harte“ an. Krell ließ Kademann jedoch dabei wissen: Es sollte ihm dieses Unternehmen theuer ankommen“. Im Endergebnis mußte er mit seiner Familie „ins Exilium, in die Grafschaft Mannsfeld“ auswandern, wurde jedoch zum Jahresende 1591, nachdem Krell gestürzt und auf den Königstein gebracht worden war, wieder zurückgeholt. Nachdem er mehr als 21 Jahre als Superintendent gewirkt, und er noch seinen Sohn Georg 1605 altershalber als Substituten bekommen hatte, trat er in Pirna aus seinem irdischen Leben und wurde in der Stadtkirche beigesetzt. Sein beeindruckendes Epitaph hat sich bis heute in ihrer Haupteingangshalle erhalten.

Abraham Kaul (1567-1627), beider Rechte Doktor, in der Oberlausitz 26 Jahre Landsyndicus (rechtsverständiger Ver­tre­ter), erlebte 1620 die Einäscherung der Stadt Bautzen durch den sächsischen Kurfürsten und fand Aufnahme bei seinen Freunden in Pirna. In der dortigen Pfarrkirche wurde er 1627 zur ewigen Ruhe gebettet.

In den Jahren von 1781-1792 war Theodor Gotthelf Kummer (1740-1806) Regimentschirurg (Feldscher) beim vom Sackenschen und vom Gersdorfschen Dragonerregiment in der Garnisonstadt Ortrand. In dieser Zeit wurden ihm und seiner Frau Friederike Erdmuthe, geborenen Müller, älteste Tochter des Kurfürstlich Säch­sischen Garderoben­schneiders in Dresden, acht Kinder geboren. Diese, drei davon sollen uns hier besonders interessieren, waren hoch begabt.

Dr. phil. Benjamin Friedrich Gotthelf Kummer (1782-1854). Der Königlich Sächsische Münzmeister ist in Ortrand geboren, in Dresden verstorben und war eine vielseitig veranlagte, in weiten Kreisen bekannte sowie herausragende Persönlichkeit. Er begann seine Tätigkeit im Finanzministerium in Dresden, war Münzschreiber, Münzbuchhalter; Münzkontrolleur und nach 1842 Vizemünzmeister. 1829 promovierte er, wobei bisher über seine wissenschaftliche Ausbildung nichts bekannt geworden ist, zum Dr. phil.. 1815 unternahm er zusammen mit dem bedeutenden Landschaftsmaler der Romantik Caspar David Friedrich (1774-1840) eine Studienreise auf die Insel Rügen, dabei entstanden 36 Ansichten. Friedrich wurde auch der Taufpate seines Sohnes Johannes Benno. Dieser wiederum hielt die Trauerrede am Grab des großen Künstlers. Der Münzmeister war mit der Literatur vertraut und fühlte sich auch auf dem Gebieten der Botanik (Er führte ein eigenes Herbarium.) Chemie, Mineralogie und Physik heimisch. Die Malerei war jedoch die Kunstgattung, welcher er am meisten Verständnis entgegenbrachte.
Seine Bildungsreisen führten ihn in das Baltikum, nach Böhmen, Österreich und in die Schweiz. Mehrfach soll er dabei auch mit Alexander von Humboldt in Italien unterwegs gewesen sein. Er erfand das Ätzen in Glas und Porzellan. So wurde er damit beauftragt, für den Grundstein eines neu zu erbauenden Flügels des Pillnitzer Schlosses eine Gedenk­glas­platte zu ätzen. Auch als Erfinder und Verfertiger von Baro- und Thermometern ist er bekannt geworden. Je ein solches arbeitete er für König Friedrich August I.. Dieser wiederum schätzte und beehrte ihn wiederholt mit einem Besuch in seiner geschmackvoll eingerichteten Wohnung.

Karl Wilhelm Kummer (1785-1855). Selbiger erblickte in Ortrand das Licht der Welt und verstarb in Berlin. Er studierte Botanik und erfand eine Pflanzenpresse sowie 1808 ein neues Verfahren, Pflanzen zu trocknen und sie zu präparieren, dass sie noch wie lebend aussahen. Im gleichen Jahr stellte er im Dresdener Museum einen so geschaffenen Blumenstrauß aus, welcher wie seine später gefertigten Landschaftsbilder aus präparierten Pflanzen Bewunderung fanden und Staunen erregten. Während des Befreiungskrieges (1813-1815) eilte er begeistert zu den Fahnen und ließ sich nach der sächsischen Landesteilung in Berlin nieder, um sich hier ausschließlich dem Studium der Geographie zu widmen. Im Ergebnis fertigte er Reliefkarten und Reliefgloben, „die alles bisher dagewesene ihrer Art an Genauigkeit, Haltbarkeit und Leichtigkeit übertrafen.“ 1820 überreichte Kummer einen Reliefglobus „als ein Zeichen seiner Verehrung“ persönlich in Pillnitz an den König. Für seine Verdienste erhielt er von der Krone Sachsens den Titel Königlich Sächsischer Kommissionsrat. Sein berühmter Schwiegersohn und Schriftsteller Theodor Fontane (1819-1898) bezeichnete ihn als „einen Tausendkünstler, der sich ein wirkliches, der Erdkunde zu gute kommen­des Verdienst erworben hat“ und „unter anderem auch der Erfinder der Reliefkarten und (-)Globen“ ist.

Gottlob (oder Georg) Adolf Kummer (1786-1817). Geboren in Ortrand und verstorben am Gelben Fieber in Rapuka bei Kakonda. Seit seiner Kindheit zeigte er großes Interesse an den Naturwissenschaften. So zähmte er Mäuse, behängte die Zimmerwände mit Spinnen und Raupen und legte Insektensammlungen an. Er studierte ab 1807 in Leipzig Medizin und erhielt ein Stipendium an der Pariser Universität. Nach seiner Ausbildung war er noch immer von den Gedanken beseelt, eine Reise in das Innere Afrikas zu unternehmen.
1815 gelang es ihm, als Geograph und Naturforscher einer Expedition zugeteilt zu werden, welche Frankreich ausrüstete, um seine ehemaligen Besitzungen am Senegal wiederzuerlangen. Dabei erlebte er 1816 den furchtbaren Schiffsbruch der Fregatte „Le Meduse“ beim Cap d´Arguin (Gemälde von Théodore Géricault, Das Floß der Medusa, Louvre/Paris, Inv. 4884), welchen nur 5 von 149 Personen überlebten und zur damaligen Zeit großes Aufsehen erregte. Es gelang ihm, die einzige Schaluppe zu erreichen, welche dem Unglück entrann. Beim Wasserholen fiel er in die Hände der Traza-Mauren und wurde viel später an der Mündung des Senegal von ihnen losgekauft. Hier schloss er sich begeistert einer englischen wissenschaftlichen Expedition an, welche das Ziel hatte, sich quer durch Afrika zur Goldküste durchzuschlagen und das Landesinnere zu erforschen. Dieses Unternehmen scheiterte jedoch, da alle Teilnehmer nacheinander ein Opfer der heimtückischen Einflüsse des afrikanischen Klimas wurden.

Ein weiteres Ortrander Stadtkind ist der Frauensteiner Rektor und Organist Christian Leipoldt (1652-1733), welcher u. a. großen Einfluss auf den heute weltberühmten sächsischen Orgelbauer Gottfried Silbermann ausgeübt hat. Silbermann lernte bei ihm Lesen, Rechnen sowie Schreiben und entdeckte bei seinem Kantor die Liebe zur Königin der Instrumente. Leipoldt wusste auch von Silbermanns Entschluss, bei seinem Bruder in Straßburg die Orgelbaukunst zu erlernen. 1690 wurde Leipoldt nach Frauenstein berufen, wo er bis 1726 im Amt blieb. Er verstarb als ein angesehener und hoch geachteter Mann im wohlverdienten Ruhestand. Seine feierliche Beisetzung erfolgte auf dem dortigen Gottesacker.

Auch der bekannte Bildhauer Paul Lindau (1881-1945) wurde in Ortrand geboren. Er besuchte die Dresdner Kunst­gewerbe­schule und die dortige Kunstakademie. In dieser Zeit entstand mit der Bildnisbüste seiner Gattin seine bedeutendste Plastik. Sachsens Hauptstadt blieb bis zu ihrer Zerstörung am 13./14. Februar 1945 und dem damit verbundenen Ableben seiner Schaffens- und Wohnstatt. Von seiner Hand stammen bzw. stammten die verschiedensten Büsten, Reliefs, Statuen und Denkmale, die u. a. in Dresden, Körchow, Ohon und Sayda ihren Platz fanden. Besondere Bedeutung erlangte das Standbild der Germania für die argentinische Hauptstadt. Auch im Schloss­park von Zabeltitz stand seine Großplastik „Mutter mit Kind“. Bedauerlicherweise hat nur der Sockel die Wirren nach dem 2. Weltkrieg überstanden.

Der Baumeister Hermann Liese (1880-1969) wurde in Frankenhausen geboren und kam nach dem Studium in Darmstadt und Dresden erstmals 1906 in seine spätere Heimatstadt Ortrand. Hier gründete er seine Familie, Beruflich mit bedingt, beschäftigte er sich mit Fakten zur Stadtgeschichte. Als Stadtchronist und Heimatkundler war er jedoch in seiner Freizeit hauptsächlich bei der langwierigen Sichtung des historischen Stadtarchives anzutreffen. Dabei bot ihm aber das Landeshauptarchiv in Dresden die wichtigsten Quellen. Aus seiner Feder flossen die verschiedensten Zuarbeiten, Zeitungsbeiträge sowie drei umfangreiche handschriftliche Stadtchroniken. Leider ging sein größter Wunsch „seine Chronik“ gedruckt zu sehen, durch die Zeitumstände nicht in Erfüllung. Ein Teil seines heimat­kund­lichen Nachlasses, darunter die letzte Stadtchronik von 1959, ist im Stadt­geschichts- und Schraden­museum Ortrand erhalten. Seine Grabstätte befindet sich am äußeren Chor der Ortrander St. Jakobskirche.

Als ältester bekannter Ortrander begegnet uns Heinrich von Ortrand (Helegerus de Orteran) in der Reihe der Zeugen, als Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen dem Zisterzienserkloster Altzella am 9. August 1251 die von Günther von Biberstein erkauften Dörfer Gugen und Uthescuitz zueignet.
Heinrich von Ortrand ist auch als der sechste Abt des Zisterzienserkloster Dobrilugk unter dem Namen Heinrich III. be­kannt. 1366 begegnet er uns als Mönch. In den Urkunden von 1370 bis 1379 tritt er als Abt auf. Von besonderer Wichtigkeit ist, dass sich zwei unterschiedliche Siegelabdrücke, welche ihn darstellten, erhalten haben und er somit der erste Ortrander ist, von welchem wir zu mindestens eine illusionistische Vorstellung haben. In seine Amtszeit fällt 1373 die äußerst wichtige Bestätigung aller Besitzungen und Rechte des Klosters durch Kaiser Karl IV.. Im Gleichen Jahr be­stä­tigt auch Papst Gregor XI. dem Kloster alle Freiheiten und Immunitäten, die diesem von seinen Vorgängern auf dem päpstlichen Stuhl durch Privilegien oder durch andere Gnaden gewährt worden sind, desgleichen auch die Freiheiten und Befreiungen von weltlichen Abgaben, die es von Königen, Fürsten und anderen Gläubigen erhalten hat. Grabsteine vom Kloster Dobrilugk haben sich leider nicht erhalten.

Caspar Ratzenberger (geboren 1533 in Saalfeld; gestorben am 22. November 1603 in Ortrand) war Stadtarzt in Naumburg und Botaniker. Er studierte an der Universität Wittenberg und legte das Herbarium Ratzenberger an.

Das aus drei Büchern bestehende Herbarium basiert auf Pflanzen, die Ratzenberger während seiner Reisen, die ihn unter anderem nach Frankreich und Italien führten, zwischen 1555 und 1592 sammelte. Die getrockneten und gepressten Pflanzen sind auf Papierseiten geklebt worden, die zu Büchern gebunden wurden. Das Herbarium umfasst 700 mit Namen versehene Pflanzen und wurde 1592 den an Naturstudien interessierten Landgrafen von Hessen-Kassel Wilhelm dem Weisen und dessen Sohn Moritz dem Gelehrten übergeben, so dass es nach Kassel gelangte, wo es heute im Naturkundemuseum Ottoneum ausgestellt wird.

Christoph Reiche (geboren 1590 in Leipzig), beider Rechte Doktor und der Stadt Leipzig Syndikus, hinterlegte tes­ta­men­ta­risch 1581 4.000 fl. beim Stadtrat von Leipzig „halb vor die studierende Jugend / halb aber zur Aussteuerung armer Mägdelein / doch alles Ortrandischen Kindern / zum Besten anzuwenden“.

Ortrand ist auch der Geburtsort der Brüder Robert (1857-1892?) und Richard-Otto (1862-1946) Rösiger, die als amerikanische Forschungsreisende, Entdecker und Siedler bekannt sind. An Richard-Otto Rösiger und seine Tätigkeit erinnert im Staat Washington der USA der nach ihm benannte Roesiger-See. Hier an ihm gelangte er zu Wohlstand und Ansehen. Anlässlich des 10. Jahrestages seines Auszuges aus Ortrand beschloss er, zu Ehren seiner Vaterstadt Ortrand, ein gleichnamiges Postamt zu gründen. Seinem Gesuch wurde 1891 stattgegeben. Richad Rösigier verstarb 84-jährig in Snohomish und seine Frau Anna-Charoline Hübner, gleichfalls aus unserem Ortrand, 1946 in Kalifornien. In der „Elster Chronik“ vom 2. September 1882 hat sich mit: “bei meiner Abreise nach Nord-Amerika sage ich meinen lieben Eltern, meinem Lehrer Herrn Rector Kühne sowie allen Bekannten in Ortrand ein herzliches Lebewohl! Bremerhaven den 30. August 1882 Richard Rösiger, Schmied“ sein letzter Gruß aus Deutschland erhalten. In dem der Freizeit und der Erholung gewidmeten ROSIGER-PARK lebt sein Vermächtnis an uns jedoch noch heute.

Das künstlerisches Werk von Joachim Schmidt (1925-2017) ist zutiefst mit seiner Persönlichkeit verbunden. Nichts hatte er vergessen und wenn er erzählte, dann wurden seine Worte zu Form und Farbe. Erinnernd sieht man seine Arbeiten in Öl vor sich mit der heftig gesetzten Farbe, dann wachsen aus ihnen die scharf sezierenden Federzeichnungen mit ihrem abgrundtiefen Schlund des Schreckens; aber auch die anmutigen Aquarelle mit der Freude an Natur und Landschaft schwingen mit, und aus Geschichten wird Geschichte. Man sieht den kleinen Buben aus Ortrand, wie er schon früh mit Farbe umgeht, und den Lehrling in Senftenberg und Studenten der Kunstgewerbeschule Berlin; man sieht den Soldaten im Panzer in der Normandie , Kriegsgefangenen in Babenhausen und den Kriegsheimkehrer den unermüdlich eine neue Existenz als Werbegrafiker in Aschaffenburg aufbauenden Ehemann und den Künstler, der in Glattbach heimisch geworden war und sich wohl fühlte in dem kleinen Ort vor den Toren Aschaffenburgs und am Fuße des Spessart. Dabei seine Geburtsstadt nie vergaß und reich beschenkte. Ortrand übergab er eine 75 m² große Secco- Malerei zur Ortrander Stadtgeschichte, die Bronze „Ghetto- Befreiung aus äußeren Zwängen“ und als Dauerleihgabe 20 seiner Hauptwerke dem Heimatverein „1912“ für Ortrand und Umgebung e.V.

Das echte Ortrander Stadtkind Rudolph Georg Ferdinand Schmidt (1896-1976) wurde als Lehrer und Heimatforscher bekannt. Bedingt durch seine akademische Ausbildung kam er zu dem ihm besonders wichtigen Quellenstudium in den ver­schie­densten Archiven. Durch die ungünstigen Zeitverhältnisse war ihn jedoch eine Drucklegung seiner Forschungsarbeiten nicht möglich. So beschränkte er sich auf Vortragstätigkeiten und wissenschaftliche Zuarbeiten. Eine besonders freundschaftliche Zusammenarbeit entwickelte sich auf dem Gebiet der Namenskunde mit seinem Berufskollegen Dr. Otto Kieser (1893-1985). Sein Nachlass befindet sich teilweise im Stadt­geschichts- und Schraden­museum Ortrand.

In der Stadt wirkte von 1801 an und verstarb der Dresden gebürtige Pfarrer Christian Heinrich Schreyer (1752-1823). Selbiger hinterließ uns u. a. Veröffentlichungen theologischer und geisteswissenschaftlicher Art, „viele“ Aufsätze in den „Dresdner gelehrten Anzeigen“ sowie Abhandlungen zur Stadtgeschichte. Einen bleibenden Verdienst erwarb er sich durch seine fundierten handschriftlichen Aufzeichnungen, Abschriften im Pfarrarchiv und die erst 1852 gedruckte „Chronik der Stadt Ortrand“. 1987 erschienen in „Dresden zur Goethezeit“ seine Aufzeichnungen zum „Juli 1760“. Pfarrer Schreyer durchlebte 1815 die Teilung seines Vaterlandes und den damit verbundenen schmerzlichen Übergang seiner Kirchgemeinde von Sachsen zu Preußen. An der Südseite der St. Jakobi Kirche befindet sich noch heute seine verehrte Grabstätte.

Im Heimatkalender für den Kreis Liebenwerda von 1913 veröffentlichte die damals mehr als stadtbekannte und durch ihre ausgefallenen Kopfbedeckungen auffällige Ortrander Heimatkundlerin Christiane Schuppe mit „Was man sich in Ortrand von der Begräbniskirche erzählt“ ihren wohl einzigsten veröffentlichten Beitrag. Neben der Mitteilung, dass sie damals bereits eine alte, sonderbare und an Kinder die begehrten Bonbons verschenkende Einwohnerin Ortrands war, hat sich leider über die einst bekannte Märchen-, Sagen- und Geschichtenerzählerin nichts mehr erhalten. Sie war eine der letzten Stadtoriginale, und ihr soll hiermit ein Denkmal gesetzt sein.

Der Theaterprinzipal und „Begründer“ des Schwedischen Nationaltheaters Carl Gottfried Seuerling (1727-1795) stammt gleichfalls seiner Geburt nach aus Ortrand. Er lieferte mit seiner „Comoedie-Trouppe“, die er um die Mitte des 18. Jahrhunderts bildete, einen historischen Beitrag zur Entwicklung des schwedischen Provinzialtheaters und lief sogar mehrmals der schwedischen Hauptstadt damit den Rang ab. 1776 war er der erste der auf Schwedisch Shakespeares „Romeo und Julia“ zur Aufführung brachte. Seine schwedische Ehefrau Margareta Lindahl (1747-1820) feierte dabei in der Titelrolle der Julia große Triumphe. Von Seuerling ist bekannt, dass er selbst mitspielte und mit seinem sächsisch- schwedischen Kauderwelsch manchen Lacher hervorrief, insbesondere, wenn er obendrein während der Aufführung noch halblaute Regieanweisungen gab. Verstorben und begraben ist er wohlhabend im schwedischen Örebro.

Gloria Siebert (geb. Kovarik bis 1984, verheiratete Uibel bis 1987; geboren am 13. Januar 1964 in Ortrand) ist eine ehemalige deutsche Leichtathletin, die bis 1990 für die DDR startete. Bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul gewann sie die Silbermedaille im 100-Meter-Hürdenlauf hinter der Bulgarin Jordanka Donkowa (Gold) und vor der bundesdeutschen Claudia Zaczkiewicz (Bronze). Für diesen Erfolg wurde sie mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet.
Am 20. Februar 1988 stellte sie in Berlin (DDR) drei Hallenweltbestleistungen im 50-Meter-Hürdenlauf auf (6,69 s, 6,68 s, 6,67 s; als Weltrekord nicht offiziell registriert).

Der am 20. Januar 1900 in Ortrand zur Welt gekommene Schriftsteller Bodo Martin Vogel (von Eichmannsdorf) verstarb am 26. Dezember 1954 in Gifthorn.

Damit ist aber die Reihe der überregional bekannten Ortrander Stadtkinder längst nicht abgeschlossen. Oftmals sind nur noch ihre Namen oder wenige Daten zu ihnen bekannt, so dass sich ein breites zukünftiges Bestätigungs­feld ergibt. Abschließend sollen hier nur noch genannt werden:

Johann Michael Weiß wurde 1648 als Sohn des Theologen Kaspar Weiß in Ortrand am Schraden geboren. Er studierte in Meißen, Wittenberg und Leipzig Theologie. Sein Studium schloss er im Jahre 1676 mit dem Magister in Leipzig ab. Wenige Jahre später war er ab 1680 Pfarrer in Steinigtwolmsdorf und in Meißen tätig, ab 1693 in Hohnstein in der Sächsischen Schweiz.
Johann Michael Weiß gilt als Verfasser einer 1729 erschienen und inzwischen historischen Chronik des einstigen Amtes Hohnstein, in welcher er den Ort und seine Umgebung beschreibt.

Der 1711 in Dresden geborene Rudolph Friedrich von Wichmannshausen war der jüngere Bruder von Johann Georg von Wichmannshausen. Er studierte von 1729 bis 1733 in Wittenberg. Im Jahre 1733 trat er in das von Moritz Carl Christian Woog (1684-1760) begründete Sophianische Predigercollegiumin Dresden ein. Sein Studium beendete er mit den Titeln Magister in Philosophie und Doktor der Theologie. In den Jahren 1738 bis 1739 war von Wichmannshausen in Ortrand als Ober­pfarrer tätig. Anschließend wirkte er bis zum Jahre 1753 in Liebenwerda als Superintendent. Weitere Wirkungs­stätten waren Freyburg (1753-60) und Delitzsch (1761-92), wo er auch starb.