Wie an vielen Straßen Deutschlands werden uns bald jene braun-weißen Schilder begleiten deren Aufschriften und Symbole eine Besonderheit verbergen. Man begibt sich auf eine Reise zu deren Ziele die Spuren der wohl populärsten Dynastie in der deutschen Geschichte zählen. Die Spuren der Wettiner. Mit ihrer fast ununterbrochenen Regierungszeit, in Mitteldeutschland über 829 Jahre, sind sie die am längsten herrschende Dynastie in Europa.
Wir denken da nicht nur an ihren großen Beitrag zur Entwicklung des Bergbaus, ihre Unterstützung der Reformation und damit auch der Herausbildung der hochdeutschen Schriftsprache im mitteldeutschen Raum. In ihrer fast 400jährigen kurfürstlichen Herrschaft als Reichserzmarschall und Reichsvikar fallen vor allem die wirtschaftlich und kulturell so bedeutenden Jahrzehnte des 15. und des 16. Jahrhunderts und die Augustische Zeit des 18. Jahrhunderts mit der gleichzeitigen Personalunion zum Königreich Polen. Im Kurfürstentum Sachsen wurden die ersten Grundlagen für die Montanwissenschaften geschaffen, und vieles für das deutsche Volksbildungswesen entstand, um nur einiges zu nennen.
Die Ferienstraße „Fürstenstraße der Wettiner“ hat ihren südlichsten Ausgangspunkt in Bayreuth. Hier heiratete Sachsens bekanntester Herrscher August der Starke (1670 - 1733) vor über 300 Jahren die Bayreuther Prinzessin Christiane Eberhardine. Von dort führt die Straße über Kulmbach und Sonnefelde nach Coburg, das seit 1353 wettinisch ist. Bald gelang man nach Thüringen durch die Residenzstädte Eisfeld, Hildburgshausen, Römhild, Meinigen und Eisenach. Hier gewährte Kurfürst Friedrich III - der Weise (1463 - 1525) Martin Luther auf der Wartburg Zuflucht. Von Eisenach führt uns die Reise weiter nach Gotha, Erfurt, Weimar und Jena. Hier wurde die Universität 1548 durch den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen (1503 - 1554) gegründet. Saaleabwärts dann über die Dornburger Schlösser Camburg, Naumburg, Weißenfels, Merseburg, Bad Lauchstädt, Halle an der Saale zur Stammburg der Wettiner nach Wettin. Von hier nahm des Fürstengeschlecht seinen Lauf durch die Geschichte, nachdem Thimo I. (um 1015 - 1091) sich als erster Graf von Wettin nannte. Weiter gelang man über den Petersberg, Zörbig, Landsberg Brehna nach Delitsch und Leipzig. Unter August dem Starken war die sächsische Stadt Nebenresidenz. Von Grimma, dem Geburtsort der Brüder Ernst (1441 - 1486) und Albrecht (1443 - 1500), den Begründern der heute noch bestehenden wettinischen Hauptlinien geht die Reise weiter über Wurzen, Eilenburg, Bad Düben hin zur Wiege der Reformation nach Wittenberg. Elbabwärts begleiten und die Spuren durch Pretsch, Prettin, Torgau nach Mühlberg, wo die Ernestiner 1547 die Kurwürde an die Albertiner verloren. Über Zeithain bekannt durch das Zeithainer Lustlager von 1730, Meißen der Wiege des heutigen Sachsens gelangen wir zum Jagdschloss August des Starken in Moritzburg und nach Dresden die Residenzstadt der Albertiner. Auf der Festung Königstein endet die 900 km lange Hauptroute. Neben dieser gibt es mehrere Nebenrouten quer durch die reich Kultur- und Naturlandschaft Mitteldeutschlands. Machen wir uns heute mit der Fürstenstraße der Wettiner durch die Großenhainer Pflege bekannt.
Die Großenhainer Pflege ist ein hügliges Land deren Abgrenzungen deutlich erkennbar sind. Im Westen die Elbe, im Osten die Pulsnitz, im Süden die großen Waldgebiete des Friedewaldes und der Lausnitzer Heide, im Norden die Schwarze Elster (Schradenniederung). Die Röder zieht sich wie eine Achse mitten durch das Land, das somit auch ein einheitliches Flussgebiet darstellt. An ihr liegt Großenhain als die einzige größere Stadt, die in idealer Weise den wirtschaftlichen Mittelpunkt bildet. In ihr kreuzen sich die beiden Fernstraßen, die den Raum von West nach Ost und von Süd nach Nord und zurück durchziehen.
Bevor Konrad der Große, aus einem Zweig des Hauses Wettin, als Mönch in das Wettinische Kloster auf dem Petersberg eintrat, verteilte er sein Gebiet unter seine fünf Söhne. In der Stellung der Markgrafen, die doch ursprünglich kaiserliche Beamte waren, vollzog sich damals eine durchgreifende Umgestaltung, Ihr Amt wandelte sich in erbliche Lehnsherrlichkeiten um.
Von Konrads Söhnen erhielt Otto „der Reiche“ Meißen. Dessen Sohn, Dietrich, „der Bedrängte“ gehörte schließlich der ganze Wettinische Besitz. Er starb 1221 und somit erbte sein Sohn Heinrich „der Erlauchte“ ein stattliches Gebiet. Heinrichs Regierung (1221 - 1288) war, was Machtstellung und Kultur anbetrifft, eine Blütezeit für Meißen und somit auch für die Großenhainer Pflege. Heinrich der Erlauchte baute sich in Deußlitz ein Schloss, in dem er wiederholt wohnte. 1268 gründete er dort ein Kloster der Klarissinnen nach der Regel des heiligen Franziskus. Es war ein Adelskloster besonders eines der Frauen des Hauses Wettin. 1429 zerstörten es die Hussiten, 1541 wurde das Kloster aufgehoben und der Rest des nichtverkauften Besitzes der Landesschule in Meißen zugewiesen.
Im 12. Und 13. Jahrhundert hatten die Wettiner in der Großenhainer Pflege einen nicht unbeachtlichen Anteil am Landesausbau. Die Schwesterstädte Großenhain und Ortrand verbinden heute noch eben anderen verbleibenden Gemeinsamkeiten das Stadtwappen. Ein Wappen, welches als Urform das alte ursprüngliche Wappen der Mark Meißen und gleichzeitig das der wettinischen Markgrafen, nämlich den schwarzen Löwen mit roter Bewehrung und Zunge auf goldenem Grund, hat. Geführt durch Heinrich den Erlauchten, Markgraf von Meißen und der Niederlausitz (1221 - 1288).
Nach dessen Tod fand Albrecht II. (1240 - 1314) ein blühendes Land vor, doch im Gegensatz zu Heinrich, seinem Vater war Albert unfähig zum Regenten, jähzornig, verschwenderisch und ebenso kurzsichtig wie unglücklich in seinen Entscheidungen. Seinen Teil der Mark Meißen verkaufte er an den Sohn seines Bruders, an Friedrich Tuta. Als er ohne Erben starb, erklärte Kaiser Adolf die Mark Meißen für ein heimgefallenes Lehen und ließ Thüringen und Meißen besetzen. Somit waren die Söhne Albrechts II, Friedrich und Diezmann ohne Land. Nach 16-jährigen Kampf war es ihnen doch gelungen ihr Erbland zu behaupten. Das Land Meißen und die Stadt Großenhain kamen wieder an die meißnischen Markgrafen. Das Schloss in Großenhain gehörte nun wieder Friedrich und Diezmann. Nach Diezmanns Tod war Friedrich alleiniger Herr von Meißen. Nachdem er seinem Gegner Waldemar von Brandenburg bei Großenhain in die Hände fiel, verlor Friedrich I. (1257 - 1324) als Kriegsentschädigung auch diese Stadt. 1316 wurde Großenhain wieder an Markgraf Friedrich zurückgegeben, und alle Streitigkeiten mit dem brandenburgischen Markgrafen waren beendet. Durch das Ableben der Landesherren Markgraf Friedrich (1324) war Stadt und Land in tiefe Trauer versetzt. Am 2. Februar 1349 verstarb hier der Markgraf Friedrich der Ernsthafte im 39sten Lebensjahr. 1428, den 4. Januar starb der Kurfürst Sachsens, Friedrich der Streitbare.
Im 14. Jahrhundert, genauer 1349/50, das Jahr der Ersterwähnung der Vogtei. Dazu gehörten Großenhain und 17 Dörfer der näheren Umgebung, welche schon ein zusammenhängendes Gebiet bildeten. Getrennt davon lagen Ortrand, Frauenhain und einige andere umliegende Orte. Die Herrschaften Elsterwerda, Glaubitz, Großkmehlen, Kalkreuth, Promnitz, Radeburg, Schönfeld, Seußlitz, Tiefenau, Walda und Zabeltitz unterstanden noch nicht dem Vogt und trennten die markgräflichen Lehen, welche zum Schloss Großenhain gehörten. Deren adlige Geschlechter verteidigten die Selbständigkeit ihres Besitzes gegenüber der wachsenden Gewalt des Landesherren, soweit es die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse erlaubten. Durch die Territorialherrschaft der kurfürstlichen Brüder Friedrich, Balthasars Tod 1378 teilten die Wettiner ihre Länder und Meißen kam an Wilhelm I. Dessen Vögte erbrachten gewaltige Zinseinnahmen, wodurch der Umfang der Herrschaft prächtig heranwuchs. Unter Wilhelm I. straffer Führung wurde das Amt Großenhain verwaltet. Bestätigung findet dies 1391 als erstmals der Titel „Amtmann“ auftritt, welcher genaueste Rechnungslegung vorweist.
Im 15. Jahrhundert, genau am 1. August 1425 wurden aus dem Herzogtum Sachsen und der Mark Meißen das neue, mächtige Kurfürstentum Sachsen. Dies erfolgte zu Ofen durch die offizielle Belehnung und Aufnahme Friedrichs ins Kollegium der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Mit der Kurwürde Sachsens waren zugleich das Erzmarschallamt sowie das Reichsvikariat verbunden. Die Titel Amtmann und Vogt gehen bis 1498 nebeneinander her. Ab 1498 gibt es nur noch Amtmänner. Noch bedarf es öfteren Verschreibungen des Amtes an zahlungskräftige Adlige, doch unter Herzog Georg und später unter Kurfürst Moritz und dessen Nachfolger August war der Gebietszusammenschluss zu einem „Amt“ möglich.
Der Schöpfer der Kurfürstlichen Ämter ist Kurfürst Moritz. Er schaffte 1547 eine einheitliche Verwaltung durch die Errichtung des Erbbuches vom Amt Großenhain. Bereits 1551 trennt man das Amt Moritz und einige Orte des Amtes Dresden vom Amt Großenhain. Dieses enthielt bis 1815: 266 Ortschaften und Einzelhöfe, dabei 4 Städte (Großenhain, Ortrand, Elsterwerda und Radeburg), 56 Rittergüter mit 193 schriftsässigen Orten und 22 Amtssassen. Quer durch die Großenhainer Pflege waren im Mittelalter viele Pilger und Wallfahrer über hundert Meilen zum Grabe ihres Schutzpatrons „Jacob der Ältere“ unterwegs zum Wallfahrtsort Santiago de Compostela (Spanien). Der wohl bedeutendste Wallfahrtsort der Großenhainer Pflege Ponickau, bestand neben Ortrand bis 1539.
An Post-, Verkehrs- und Handelsstraßen wurden Poststeine, Post- und Distanzsäulen aufgestellt. Grundlage für den Beginn der Aufstellung von Kursächsischen Postmeilensäulen waren die Mandate des Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen, zur Errichtung steinerner Postmeilensäulen auf Kosten der jeweiligen Gemeinde oder Stadt. Adam Friedrich Zürner (1680 - 1742), Pfarrer in Skassa bei Großenhain und unter dem Kurfürsten der Land- und Grenzkommissar, fuhr in seinem geometrischen Messwagen und hat Kursachsen in 18 000 sächsische Meilen vermessen und kartographisch aufgenommen. Diese Grundlagen ermöglichten August dem Starken die Errichtung der Poststationen. Elsterwerda, Großenhain Ortrand waren damit wichtige Orientierungspunkte.
Mit Einführung der Reformation (1539) werden die Klöster in Großenhain, Radeburg und Seußlitz säkularisiert. In der Reformationsgeschichte ging die von Luther und Melanchton befürwortete Doppelhochzeit des Landgrafen Phillip von Hessen in die Geschichte ein. Ihm wurde zur linken Hand Magareta von der Saala, aus dem Hause Schönfeld angetraut.
Schönfeld selbst versank dadurch fast in die Bedeutungslosigkeit, da sich insbesondere der sächsische Adel von der Familie von der Saala zurückzog.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstehen auch in der Großenhainer Pflege prächtige Renaissanceschlossbauten, So auch in Zabeltitz. Zeugmeister Paul Buchner vom Stallhof Dresden errichtete von 1588 bis 1598 für den sächsischen Kurfürsten Christian I. das 84.m lange, zweigeschossige Gebäude, welches heut im Volksmund als „Altes Schloss“ bezeichnet wird. Auch Kalkreuth konnte ein Schloss vorweisen. 1587 kaufte Kurfürst Christian I. das Gut von der Familie von Kommerstädt. Dr. Georg von Kommerstädt war der Kurfürsten Moritz von Sachsen. Ein bedeutender Mann seiner Zeit. Kommerstädt förderte ins besondere das Bildungswesen und errichtete die Fürstenschule St. Afra in Meißen ebenso gründete er die Universität zu Leipzig.
Ein weiteres Renaissanceschloss finden wir in Großkmehlen. Es wurde um 1560 erbaut und gehörte den Herren von Lüttichau über Jahrhunderte hinweg.
1682 wurde im Kurfürstentum Sachsen das Stehende Heer gegründet. Es entstanden Garnisonsstädte wie Elsterwerda, Großenhain, Ortrand und Radeburg. Im 19. Jahrhundert, genau am 23.04.1876 anlässlich des Geburtstages vom König legten die Husaren des I. Regiments Nr. 189 die neue Uniforman, welche die Farben der Wettiner (Blau/ Gelb) zeigt und im Kolpak (seitlicher Tuchzipfel an der Mütze) an das Rot der Kurland-Dragoner erinnerte. Am 09.09.1886 trat Sachsens letzter Kronprinz in das Husaren-Regiment Nr. 18 ein, welcher 1891 in König Albert-Nr. 18 umbenannt wurde. Das Stadtbild von Großenhain verweist heute noch auf den letzten Garnisonsstandort der Königshusaren.
Doch zuvor kam es 1815 zur Landesteilung, wobei eine getrennte selbstständige Entwicklung einsetzte. Die neupreußischen gebiete nannten sich von jetzt ab Herzogtum Sachsen.
1848 kam es zur revolutionären Erhebung in Deutschland und zur Gründung des Preußisch-Sächsischen Verbrüderungsvereines in Ortrand. Ein weiterer nennenswerter Höhepunkt im 19. Jahrhundert war der Bau der Eisenbahn Großenhain / Cottbus (1869 - 1870). Ortrand wird unter Anderen Eisenbahnstation.
Die Stadt Elsterwerda und die nach ihr benannte Herrschaft wurden vom sächsischen Kurfürsten käuflich erworben. Das Schloss wird zur kurfürstlich königlichen Residenz, welches zu seiner heutigen Gestalt im Jahre 1736 erweitert und erneuert wurde. Das gewerbliche Leben erlangte großer Bedeutung. Vor allem war es die Leineweberei und die Grautöpferei. In der Mitte des 18. Jahrhunderts erzielte die Holzflößerei große Aufmerksamkeit. Kursachsens Residenz Dresden und die Errichtung der Porzellanmanufaktur in Meißen benötigten dringend Bau- und Feuerholz. Das Erzgebirge war schon ausgebeutet und das böhmische Holz wurde immer teurer, aber in den Forsten um Liebenwerda, Finsterwalde und im Schraden gab es hiebfreies Holz. August der Starke erteilte den Auftrag, die Schwarze Elster mit der Elbe durch einen Kanal zu verbinden.
1918 König in Linz - Abdankung und Fürstenabfindung
Raschützwald bis 1945 - Prinz Friedrich Heinrich hielt auch seine letzte Jagd.
Mit der politischen Wende von 1999 und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 verweilten seine königliche Hoheiten Maria Emmanuel und Prinz Albert wiederholt in der Großenhainer Pflege und nahmen tätigen Anteil am Aufbau der Fürstenstraße.